Wege aus der Ohnmacht?
Eine Collagenlesung zur Ästhetik des Widerstands von Peter Weiß
Ludwig Winter, Kantine-Crew24.7.25 21:00
„Die Ästhetik des Widerstands“ (1976, 1979, 1981) von Peter Weiß (1916-1982) ist ein literarisches Denkmal, das an das Scheitern der historischen Arbeiterbewegung erinnert – gescheitert auch und gerade als antifaschistische Bewegung. Sie ist gescheitert an ihren inneren Spaltungen, gescheitert durch den Stalinismus als neue Herrschaftsform, gescheitert vor der Übermacht des Nationalsozialismus, der Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen ermordete und ins Exil jagte. Als Sohn eines jüdischen Vaters fühlte sich Peter Weiss als Davongekommener und insofern verpflichtet, Zeugnis abzulegen. „Die Ästhetik des Widerstands“ ist kein Roman, der Durchhalteparolen liefert – er ist vielmehr ein (durchaus sperriges) Zeugnis von Verzweiflung und Resignation angesichts des Verlaufs des 20. Jahrhunderts. Aber in ihm ist eine Theorie darüber angelegt, wie sich die Enteigneten und Beherrschten Kultur und Geschichte aneignen können. Insofern ist dieses Buch immer noch aktuell.
Peter Weiss war ein Schriftsteller, Maler, Filmemacher und Intellektueller, dessen Werk durch zwei Suchen geprägt ist: der nach einer politischen Positionierung, die sowohl die kollektive als auch die subjektive Befreiung ermöglicht und der nach einer praxistauglichen Ästhetik, die diesem Ziel zuarbeitet. Zur Politik fand Weiss nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ausgelöst durch die Bilder aus Auschwitz, die ihm vor Augen führten, zu welcher Gewalt die Gesellschaft, zu der er sich zugehörig gefühlt hatte, in der Lage war. Fortan schrieb Weiss für das Gelingen einer Zukunft, in der Herrschaft, Krieg und Gewalt nicht länger existieren würden: In seinen Theaterstücken etwa, nahm er die Konfliktlinien der sich formierenden 68er-Bewegung vorweg (Marat/Sade), führte der deutschen Gesellschaft das Grauen und die industrielle Funktionsweise von Auschwitz vor Augen (Die Ermittlung), solidarisierte sich mit antikolonialen Befreiungskämpfen (Gesang vom Lusitanischen Popanz, Viet Nam Diskurs) und schrieb gegen die stalinistische Geschichtsschreibung an (Trotzki im Exil). Die Ästhetik des Widerstands schließlich kann als sein Hauptwerk verstanden werden, in der Weiss seine politischen und ästhetischen Überlegungen in einem Roman zusammenführt.
Wir wollen das Buch vorstellen, einige Passagen aus dem Roman lesen und im Gespräch mit Ludwig Winter einordnen. Derzeit sind wir noch dabei, die Linzenzbedingungen für eine öffentliche Lesung aus der Ästhetik des Widerstands zu ermitteln.